in Mannheim (Stand: 1. 10. 2024)

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Heinz Ebenhög, Klaus Ehm, Ernst Eisenhauer, Dieter Ernst, Günter Fischer, Hans Flaig, Christian Freund, Albert Gieseler, Dr. Anja Gillen, Werner Hammerschmidt, Anton Herrmann, Liselotte Herrmann, Berthold Ilk, Rainer  Immensack, Hubert Klostermeier, Dr. Heinz Köhler, Peter Lauser, Uwe Löscher, Gerda Niderehe, Volker von Offenberg, Dr. Sebastian Parzer, Michael Philipp, Karl Rexroth, Dr. Hanspeter Rings, Andrea Rößler, Günter Ruhm, Dr. Monika Ryll, Lore  Sättele, Nikolaus Satter, Carola Schwarz, Bettina Schwarzweller, Dr. Horst Steimel, Karl Trautmann, Norbert Waldherr, Richard Waldherr, Marc Wegner, Ursula Wieland

Vorbemerkung:

Um Gebäude und Stadtbild an einem bestimmten Ort zu verstehen, bedarf es vielfältiger Bezüge. Neben Natur-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte sind oft Aspekte aus Architektur, Denkmalschutz, Technikentwicklung, Gesetzgebung und Archivlage interessant. Auch die Wirkung einzelner Persönlichkeiten zu berücksichtigen erscheint sinnvoll. Trotzdem bleibt die Abgrenzung subjektiv. Dem Leser bleibt es überlassen, ihm Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. Auch die Frage, wie bedeutsam betrachtete Gebäude und Stadtbild für die Stadtkultur sind, wird bei der großen Zahl möglicher Kriterien sicher versch. Antworten finden.

Hinweise auf Fehler, Ergänzungsmöglichkeiten und Dokumente sind immer willkommen!

Eine Quellenliste und eine »Suchliste« stehen am Ende der Chronik.

10000 v.Chr.

Nach dem Ende der letzten Eiszeit wehen in der spärlich bewachsenen, einer Tundra ähnlichen Landschaft vorwiegend westliche Winde. So entstehen östlich des Rheins Flugsanddünen, die sich im heutigen Mannheim in einer Kette »Käfertaler Wald - Feudenheim - Seckenheim - Friedrichsfeld - Rheinauer Wald« hinziehen. Der vom Odenwald kommende Neckar wird von den Dünen abgelenkt und fließt als »Bergstrassen-Neckar« Richtung Nord-Nordwest und mündet erst beim heutigen Trebur in den Rhein.

ca. 9000 v.Chr.

Dem Neckar gelingt zwischen Feudenheim und Seckenheim der Durchbruch durch die Dünenkette. In verschiedenen Flußbetten erreicht er den Rhein und bildet dabei ein System von Flußschlingen (z.B. Feudenheimer Au) und Altwassern. Auch der Rhein bildet Mäanderbögen aus (z.B. Sandhofer Altrhein). Sand- und Bodenschichten werden flächig abgetragen. Verbleibende höher gelegene Gebiete bilden eine bis zu acht Meter hohe Geländestufe, das Hochufer. Die heutigen südlichen Mannheimer Innenstadt-Quadrate liegen auf einer früheren »Hochufer-Insel«. Die heutige Röntgenstraße folgt vermutlich dem früheren Hochufer, das aber an der heutigen Ecke zur Käfertaler Straße nördlich Richtung Waldhof abknickt. Später verläuft hier die Hochuferstraße.

766

Im Lorscher Codex wird Mannheim erstmals erwähnt: ein Fischerdorf.

1607

Der Kurfürst verleiht Mannheim die Stadtrechte, nachdem er 1606 den Grundstein für die Festung gelegt hat.

1751

In Mannheim gibt es 71 Brauereien.

1801

In den Mannheimer Quadraten gibt es 46 Braustätten, in denen in handwerklichen Maßstäben produziert und an der selben Adresse auch konsumiert wird: Brauhaus und Gasthaus sind noch eins. Zur Produktion genügt Handarbeit: die Muskelkraft von zwei Menschen, Braumeister und Knecht.

1805

Die 1792 begonnene Neckarbegradigung wird vollendet. Zwischen heutiger Röntgenstraße und Neckar verbleibt der tieferliegende Weiße Sand (heute Klinikum-Gelände).

1819

Noch steht der Rabenstein mit Begräbnisplatz in der späteren Käfertaler Str. 175. Von 1748 bis 1796 gab es hier 33 Enthauptungen.

1821

Der Galgen steht noch im 3.Sandgewann (heute ungefähr Eingang zum Hauptfriedhof): 29 Hängungen von 1748 bis 1796.

1822

Ein Teil des Hochufers zum weißen Sand (heute Klinikum-Gelände) ist vermutlich zur Sandgewinnung abgebaut. Der Sandhang gehört zur Schießbahn. Daneben steht ein Schützenhaus (schon 1752).

1833

Gründung des Deutschen Zollvereins und damit Wegfall der exporthinderlichen Binnenzölle.

1840

Die Eisenbahnlinie Mannheim-Heidelberg wird eröffnet.

1842

Der neue Hauptfriedhof mit Eingangsgebäude wird im 3.Sandgewann eingeweiht.

1845

Die Kettenbrücke über den Neckar (heute Kurpfalzbrücke) wird eingeweiht und kostet bis 1874 Brückengeld.
»Überm Neckar« wird im hochwassersicheren, aber flußnahen 5.Sandgewann der erste, grundwassersichere Bierkeller von einem 23jährigen Braumeister gebaut. Beim »Eismachen« (kein historischer Beleg für Mannheim) im Winter wird mit Pferdefuhrwerken Flußeis zur Kühlung des Suds und des lagernden Biers eingebracht. Die Lage ist sehr verkehrsgünstig an der alten Landstraße von Mannheim nach Käfertal, der Käfertaler Straße. Die Keller entstehen nach Aushub des Sandbodens in zehn Meter Tiefe als gemauerte Gewölbe und werden anfangs nur zur Lagerung genutzt. Das Winterbier hält sich durch die Natureiskühlung länger und wird so zu Lagerbier. Sommerbier muß aber mangels Eis jung verkauft werden. Neben der Lagerung wird im Herbst auch die Konzession zum Ausschank erteilt.

Auch in der späteren Käfertaler Str.162 entsteht schon ein Bierkeller durch den Braumeister Peter Anton Roes der Wirtschaft »Zur Stadt Lück« in P 2. Lück leitet sich vom Namen der belgischen Stadt Lüttich ab, ein Hinweis auf einen frühen Wirt oder Eigentümer.

Das Gebiet entlang der Käfertaler Straße ab Nr.162 ist »wohl gelegen«. Sogar Weinbau wird 1882 betrieben. Der Stadtteil heißt später Wohlgelegen.

1850

In Mannheim gibt es noch 20 Brauereien.

1862/1869

Mit dem neuen Gesetz über die Gewerbefreiheit werden auch die Bierbrauerzünfte abgeschafft. Die technische Entwicklung durch die industrielle Revolution verändert Wirtschaftweisen und Arbeitsalltag.

1865

Der 20jährige Christoph Hofmann, Sohn des Bürgermeisters von Siegelsbach bei Bad Rappenau übernimmt zusammen mit seinem Bruder Edmund den Vorläufer der Eichbaum-Brauerei.

1870

In der Käfertaler Straße entsteht bei einem Eichbaum-Vorläufer das erste Sudhaus für die erste Produktion in großem Maßstab.

1871

Es gibt in Mannheim noch 14 Brauereien.

1873

Teure Maschinen und Rohstoffe können durch Massenproduktion und Umsatzerlöse nicht finanziert werden. Preiserhöhungen von 25% beim halben Liter führen zur Ausrufung eines »Bierstreiks« und Abhaltung einer »Volksversammlung« mit dem Thema »Das Großkapital, die von den Brauern Mannheims projectirte Erhöhung des Bierpreises«. In mehreren Gasthäusern in den Quadraten kommt es zu Handgreiflichkeiten und erheblichem Glasbruch. In der Presse ist die Rede vom »Mannheimer Bierkrawall«.

1875

Der Bügel-Flaschenverschluss erhält in den USA ein Patent.

1877

Christoph Hofmann verkauft seine Anteile an der späteren Eichbaum-Brauerei an seinen Bruder Edmund. Er erwirbt die Brauerei »Zur Stadt Lück« im Quadrat P 2, zu der schon Flurstücke in der heutigen Käfertaler Str.162 gehören. Weitere Flurstücke werden hinzuerworben.